Rennbericht: 26ter Frankfurt Marathon am 28.10.07
oder
Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon 07

Ab nach Hause...

 

 

Sehr geehrte Sponsoren, Freunde, Bekannte und Verwandte,
 
hiermit möchte ich meinen Rücktritt vom internationalen Marathonspitzen-wettkampfsport bekannt geben. Schluss aus und vorbei!
 
2.9.2007 Kelkheim Halbmarathon
(21,1 KM) Zeit 1:23,01 neuer persönlicher Rekord, schnellster Kelkheimer, Platz 2 in der Altersklasse. Überglücklich und motiviert, vielleicht etwas schadenfroh stehe ich im Ziel. Ich bin vor Alfa-Uwe und Wurst-Jens angekommen. Mein Plan ist aufgegangen.

Doch wer Pläne schmiedet gehört noch nicht zum alten Eisen. Was Neues muss her…

Ich bin kein Läufer, sondern Motorsportler und war dieses Jahr schon an über 18 Wochenenden auf Achse. Eigentlich habe ich keine Zeit.

Ich mache Jens und Uwe übermütig einen Vorschlag. "Das nächste Rennen könnt ihr ruhig vor mir ankommen, ich will nur unter 3 Stunden ankommen". Uwe grinst nur, er weiss was ich meine.

Ein Marathon 42,195 km!

 

Zu Hause taucht die Frage auf, ob ich als Zuschauer mit zum Frankfurt Marathon kommen möchte. Doch ich verneine, was wohl etwas Enttäuschung bei meiner Mum hervorruft, denn sie startet dort als Staffelteilnehmer.
Es vergehen ein paar Tage und Wochen, bis ich mit meiner Idee an meine Mutter herantrete. Diese befindet sich im P&G Running Projekt und ist bereits vom "Laufvirus" total befallen. Dort besteht die Möglichkeit als Verwandter eines P&G-Mitarbeiters das Angebot zu nutzen und unter dem Team: P&G Running zu starten.
 
Irgendwann Mitte September ist es soweit, ich bin angemeldet! Jetzt heisst es noch mehr Training! Doch wie und was muss ich machen?
 
Also einen alten Hasen, nämlich Alfa-Uwe fragen, der steht mitten im Saft, er trainiert nämlich für den Berlin-Marathon. Sein Ziel endlich unter 3 Stunden zu laufen.
 
11.9.2007 Intervalltraining mit Uwe! Ein paar Intervalle laufen, so 1.000 Meter. Hört sich einfach an, ist aber nicht so. Dienstag´s heisst es ab sofort quälen….
 
17.9.2007 Keine Verletzung habe ich mir zugezogen, aber meine Grenzen kennengelernt. Von der Firma aus muss ich nach Kassel. Es wird später, doch ich

muss unbedingt laufen, weil ich bereits in der Woche davor 3 Tage wegen der IAA und meinem vorläufig vorletzten Einsatz im City Club verschwendet habe.
Draussen dämmert es schon, es ist 19:30 Uhr. Mein Ziel ist der "Herkules". Eine wunderschöne Parkanlage in Kassel, mit dem Nachteil, dass die letzen Meter steil bergauf gehen. Ich denke mir, ein "Treppentraining" sei das Beste.
(Ich fühle mich und trainiere wie Rocky, ausser die 5 rohen Eier auf Ex trinken und gegen die Schweinekörper boxen lasse ist aus.)
In sehr zügigem Tempo spurte ich Ebene für Ebene nach oben. Absolut am Pulslimit erreiche ich die Aussichtsplattform. Doch was jetzt passiert kann ich nicht mehr steuern. "Batsch" ich liege auf dem Bauch. Einfach umgekippt, ein Black out! Das Knie ist aufgeschlagen die Hand schmerzt. Ab sofort ist mir mein Limit bekannt.
 
18.9.2007 Das 2te Intervalltraining
steht an. 400m mit Frank und Uwe. Uwe in absoluter Top-Form, Frank mental schon beim Ironman in Hawai. Die 400m Runden gestalten sich absolut qualvoll. Bei Runde 9 und 10 muss ich mit ca. 5 und 8 Sekunden Rückstand abreissen lassen. Vom "Ausrutscher" am Vortag erzähle ich nichts, die Blöße will ich mir nicht geben. Noch völlig K.O vom Montag nehme ich aber trotzdem, jetzt nur noch alleine mit Frank die 2 x 400m mit. Der Trainer hat gesprochen. Ich muss meinen Laufstil umstellen. Lange Schritte.
 
21+22+23.9.2007 inoffizielles Trainingscamp
Mein Wochenende mit René und Bille
Besonders der Samstagslauf liegt mir in den Knochen, nein wohl besser im Blut. Ein großer Partyabend liegt hinter mir. Beginnend auf der Kerb Fischbach endete dieser im City Club. Dies soll der letzte Partyabend in Deutschland vor dem FFM-Marathon gewesen sein. Ich schwitze alle am Vorabend zu mir genommenen Getränke aus. Ich bin platt von der Trainingswoche. Besonders Bille und ich kämpfen uns zurück nach Kelkheim. Sonntags gibt’s dann eine für mich große Rennradtour mit René über 50 Km. Für den einen René easy going, für den anderen René der pure Horror.
 
An diesem Wochenende höre ich mir den ersten Vortrag einer ganzen Vortragsreihe an. Hauptthema: Wie laufe ich einen Marathon unter 3 Stunden. Für mich sind alle Vorträge von besonderer Bedeutung gewesen und haben mich sehr geprägt. (Vorträge in Kursiv)

Vortrag 1:
Frau Dr. Gottschalk referierte über das Thema: "Marathon leicht gemacht – mit dieser Wampe hast Du ab Kilometer 30 Probleme".
 
24.9.2007 Call on me
Ich bekomme einen Anruf! Der große Auswirkungen auf mein Training haben sollte. Ich werde zum Schüco Kart Cup Finale nach Mallorca eingeladen. Das bedeutet Trainingsfrei für das Wochenende vom 25. bis zum 27.9.2007.
 
25.9.2007 Intervalltraining Nummer 3
Uwe jetzt in Spitzenform, Frank ebenso, ich total kaputt, weil laufen, laufen, laufen. Heute sind nur fünf 800er an der Reihe. Das geht, denn Frank und Uwe wollen keine

Verletzung mehr riskieren. Das war das erste Training, welches mir Spass gemacht hat bzw. was nicht so anstrengend für mich war.
 
Vortrag 2:
Während dem Marathon essen & trinken! Referiert: Schnellster Liederbacher Triathlet und schnellster Liederbacher beim Kelkheimer Halbmarathon:

· Alle 5 Kilometer ein Gel zu Dir nehmen

· Wie löse ich die Gels auf

· Genug trinken

· Exkurs: Was essen Triathleten


Meine Abendplanung gestaltet sich äußerst unspannend.
Für meinen Daddy unverständlich, dass ich Abend für Abend in mein Bett krabble und mich mit einem Fussballmanager-Spiel von 2002 beschäftige.  Mehr geht nicht
 

27.9.2007    P&G Running Team
Ich lerne einige P&G Läufer kennen und die Person, die mir meinen Start ermöglicht hat. Christian ist der Projektleiter, was den Teilnehmern von P&G aus geboten wird,ist wirklich toll. Da können sich einige Firmen einiges abgucken. Was man nicht sieht, ist die viele Arbeit die dahinter steckt. Ich beobachte alles ganz genau.
 
Vortrag 3:
27.9.2007 Vortrag und Laufen mit Dieter Baumann.
 Ziele, Zeiten,…(den Rest habe ich vergessen) Die 10 km im strömenden Regen mit einem 6er Schnitt unterfordern mich total. Vermutlich habe ich mir hierbei eine Erkältung zugezogen.
Was "Dieter" den Teilnehmern hier erzählt, das ist absolute Spitzenklassen. Ich kürze es ab, so wie ich es verstanden habe.

· Ziele im Leben zu setzen ist wichtig, noch wichtiger ist nur der Start.

· Um Ziele zu erreichen, müssen einige Hürden genommen werden. Dann kommt der Zeitpunkt, an dem man(n) auf einer großen Hürde (Zaun) sitzt. Die Kraft und den Mut zu haben diese Hürde zu nehmen haben nur wenige.

· Zitat Baumann: Ich kann Euch nicht motivieren, dass muss jeder von Euch selber machen, das Einzige was ich kann ist Euch zu BEGEISTERN.


27.9.2007 Mehrfacher Marathonfinisher, Ironman & F-Manager Herr Pfleger
Mein zweiter Vortrag an diesem Tag, nein, dieses mal wohl eher ein ca. 30minütiger Monolog. Es ist bereits spät geworden, ich lausche aufmerksam, fühle mich aber total krank. Geschwollene Mandeln, Gliederschwäche und Fieber haben mich aufgesucht. Untermalt wird dieser Vortrag mit einem angenehmen Duft von Rohrzucker, Limetten und Cachaca, bei absolut geiler Live Musik im Kinka.

Vortrag 4: Ab Kilometer 30 beginnt der Marathon
Ohne zu schlafen geht’s zum Kartrennen nach "Malle". Was ich mitbringe, ist ein 2ter Platz und eine Megaerkältung. (Mein Chef, ich habe ihn vermutlich angesteckt, liegt

zu diesem Zeitpunkt mit Verdacht auf Lungenentzündung daheim im Bett) Mit geht es richtig dreckig.
 
Jeden Abend ist daheim Tee mit Honig trinken angesagt. Hustensaft und Lutschbonbons gibt’s ebenfalls. Meiner Mum großen Dank für die super Pflege!
 


2 bis 4.10.2007 Bundesendlauf in Wackersdorf (Kartrennen als Coach und Mechaniker)
Auf dem Weg der Besserung bekomme ich an diesem Wochenende einen üblen Dämpfer reingedrückt. 2 Nächte im Wohnwagen ohne Heizung bei 3 Grad Aussentemperatur. Ich bin total krank, versuche mir nichts anmerken zu lassen. Fazit: ich komme kranker nach Hause, als ich weggefahren bin. Jetzt ist die Husten-phase angesagt.
 
5.10.2007 Nach 11 Tagen ohne Lauf quäle ich mich 10 Km durch Eppenhain. Die kommende Woche wird kein Spass.
Uwe hat es endlich geschafft! Er ist unter 3 Stunden gelaufen. Obwohl keiner was sagt, erhöht sich dadurch der Druck auf mich, warum weiss ich nicht?!?
Auf mehrfaches Anraten von Uwe, Frank, René und Bille beschliesse ich am Donnerstag den
 
8.10.2007 einen "langen Lauf" zu machen. Mit 29km sollte dies mein längster sein. Jens, der mit 1:20 auf einen Halbmarathon in Neu-Isenburg geglänzt hat ist für uns nur
noch der "Flying Butcher". An diesem Donnerstag präsentiert er sich in absoluter Top-Form. Seit Malle kein Tröpfchen Alk, gibt’s an diesem Abend 1 Radler, spendiert von Uwe (0,25 Liter Alkohol im Oktober). In der Diskussionsrunde um Tom, Mika, Uwe und Jens wird abgestimmt, ob die eben von mir absolvierten 29Km als "langer Lauf" zählen. Das Urteil fällt einstimmig mit "JA" aus.
 
Vortrag 5:
Der vorletzte Fachvortrag steht vom ehemaligen Absolventen der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt, Herrn Kotro an:

"Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen."


Nach diesem Abend bricht Panik aus, zu viele neue Informationen haben auf mich eingewirkt. Folgende Gedanken schwirren durch den Kopf. Das sind Dinge, mit denen habe ich mich gar nicht richtig befasst.
 

· Unbedingt lange Läufe machen

· Nicht zu schnell anlaufen

· Bei den ersten 10km zurückhalten

· Einen Kilometer in 4:15 laufen

· Alle 5 Km Nahrung aufnehmen

 

Frank, Bille und René sind schon bereits auf Hawai, was nun? Wer gibt mir Tips? Kurz entschlossen entscheide ich am Samstagvormittag, einen Halbmarathon zu laufen.

11.10.2007 21,1 Km Halbmarathon in Offenbach
Noch immer sichtlich angeschlagen von meiner Erkältung laufe ich wie immer viel zu schnell los. Bei Km 7 ist dann die Luft raus. Vor mir keiner, hinter mir keiner. Ich dümpel bis Km 13 vermutlich mit einem 4:15er Schnitt am Main entlang. Vor mir ist noch ein Passtschon-Läufer (der mich bei Km 8 überholt hat) unendlich weit enteilt. Ich merke die 29km von Donnerstag.
Doch ab 13km kommt die Kraft wieder. Besonders mit einem Spurt über die letzten 2 Km werde ich mit einer Zeit von 1:22,28 doch noch schnellster Passtschoner. Nach einer 5minütigen Hustenphase geht es weiter. Ich hänge noch mal 5 Kilometer dran. Das war mein 2ter langer Lauf mit 27 km. Es sollte der letzte sein.
 
13.10.2007 Letztes Intervalltraining
Im Soll-Bereich absolvieren Uwe und ich die von Uwe vorgegebene Distanz. Keine Runde mehr hätte ich geschafft! Akku alle.
 
14.10.2007 Laut Uwe soll ich nicht mehr soviel laufen. Also entschliesse ich mich in Ruppertshain ein Ründchen Fussball spielen zu gehen. Ist ja kein Laufen, oder?
Absolut heiss auf Fussball, ich habe ja seit 2 Monaten gegen keinen Ball mehr getreten, funktioniert alles. Während dem Training beginnt es zu regnen….
 
15.10.2007 Donnerstagsründchen mit "Passtschon"
Warum ist Uwe nicht beim Training? "Er fühlt sich nicht so fit", so die Aussage von Tom. Ich denke mir nichts dabei.
Nach wenigen Metern spüre ich eine Form der Trägheit in meinen Knochen. Die Mandeln werden immer dicker. Ich muss feststellen, dass ich mich beim Fussball spielen im Regen erkältet habe. Abbruch der Runde und ab ins Bett.
 
 Starker Schnupfen, Fieber, Schüttelfrost und Husten begleiten mich die nächsten 5 Tage. Meinen Kollegen, den ich ebenfalls angesteckt habe, betritt montags das Büro ziemlich verärgert und noch von der Grippe total zerstört. Uuuups!
Uwe hat seinen Start für den FFM-Marathon auf Grund seiner Erkältung zurückgezogen. Ich bin etwas enttäuscht, denn er wäre sicher eine große Hilfe während dem Rennen gewesen.
 
27.10.2007 Letzter Lauf über 10 KM Passtschonrunde
Jens meint 10km, ich meine 13 Km, nach 9 Kilometern folge ich Jens freiwillig zurück. Die 10km haben mich sehr angestrengt, ich fühle mich noch total krank.
Jens in absoluter Topverfassung! Er weiss alles über diesen Lauf, alles worauf man achten muss. Einfach jedes Detail. Ich mache mir ernsthaft Sorgen.
 
Daheim, beim abendlichen Tee gibt’s ermahnende Worte, die nicht gerade aufmuntern. "Steig aus, wenn Du nicht mehr kannst"! Trotzdem werde ich weiter aufgepäppelt. Meine Mum ist nicht zu unrecht besorgt, und ich fange langsam selbst

an zu grübeln.
 
Ich habe viele Ratschläge befolgt, ausser dem, gesund zu essen. Auf Grund des unfreiwilligen Trainingrückgangs seit Oktober habe ich 2 Kilo zugelegt. Damit bin ich wohl körperlich deutlich zu schwer, aber geistig gesättigt ;-)
 


Abholen der Startunterlagen! Freitag vor dem Marathon und Messe auf der Messe
Bereits 2 mal war ich in der Messe und habe gesehen, wie die anderen Teilnehmer Ihre Startunterlagen abholen. Ich habe mir nichts dabei gedacht, sondern mir ein paar günstige Sportschuhe gekauft. In 2007 ist alles anders.
Ich selbst bin jetzt einer von denen, die die Startnummer mit einem Beutel und einem Chip holen.
Absolute Unerfahrenheit !!! Ich weiss meine Startnummer nicht und habe ebenfalls den Anmeldezettel vergessen. Jens wäre das sicher nicht passiert, denke ich mir.
Am Sonderschalter bekomme ich einen Sonderschein (Alzheimer-schein) ausgedruckt und laufe schon kurz darauf selbst mit einem Beutel durch die Gegend. Mit so einem Beutel in der Hand wird man plötzlich ganz anders angeschaut. Die Personen, die ebenfalls so einen Beutel mit sich rumtragen, mustern einen von oben bis unten. Ungefähr so, wie wenn eine hübsche Frau eine Bar betritt und von den anderen Frauen, die bereits dort sitzen beobachtet werden. Ein förmliches "abscannen".

Ich treffe Christian den Teamleiter vom P&G Running Team. Er holt 4 große Boxen Startunterlagen ab. Er steht unter "Strom".  Ich nicht, aber irgendwie wird es langsam ernster.
Was nun? Hier gibt’s tolle Sachen. Ich überlege, ob ich mir Stützstrümpfe kaufen soll. Die machen schneller hat Bille gesagt! Aber 45 € für so eine peinliche Socke sind zu viel. Ich kaufe mir Handschuhe um mein Gewissen zu beruhigen. Obwohl Wetterfrosch-Frank wärmeres Wetter als die Tage zuvor versprochen hat.
 
Neben Traubenzuckerlollies und Massagesessel probiere ich eine Soja-Vanille Milch. Lecker! Schmeckt wie normale Kuhmilch. Doch nur nach 2 Minuten schwillt mein Hals von innen an. Ich denke sofort an die Mandeln!
Alarm!
Nein, nicht schon wieder! Mit einem wortwörtlich dicken Hals laufe ich weiter über die Messe. Schluckbeschwerden! Es wird immer schlimmer! Ich gehe auf Toilette und trinke Wasser aus dem Hahn. Nichts zu machen, ein richtiger Kloß im Hals. Nach gut 30 Minuten schwillt es endlich ab. Entwarnung!
An einem anderen Stand wird mir ein gelbes gesundes Pröbchen angeboten. Ich probiere nach dem Motto "was mich nicht schneller macht, das macht schöner".
Pfui! Schmeckt nach Molke! Wollen die mich hier vergiften.
Noch immer auf der Suche nach den fehlenden Sekunden kaufe ich mir dann ein Paar Rennschuhe in neon-gelb. Das Gewissen ist beruhigt.
 
27.10.2007 noch 1 Tag! "Kurzes Läufchen"
Kurzes Läufchen hat Frank gesagt. Uwe und Jens haben mir dieses ebenfalls

mitgeteilt. Noch mal "angasen", so habe ich Frank verstanden, aber nicht länger als 30 min. d.h. die neuen Schuhe an und ab geht’s.
Nach gut Km 2 absolute Warmlaufphase versuche ich mal einen Kilometer Gas zu geben. 4:20min.! Was ist los? Keine Kraft, die Beine fühlen sich an wie "Flasche leer". Ich laufe, als hätte ich die Handbremse angezogen.
Km 3 auf km 4 wieder slow. Km 4 auf km 5 wieder so schnell wie es geht. 4:15min. Es geht gerade mal gar nichts! Noch einen halben Kilometer laufe ich ganz langsam und fahre zu meinem Physio-Therapeuten Dr. Heimer "Der Masseur". Der eine oder andere Sportler wird ihn kennen. Was hier folgt ist eine absolut geniale Beinmassage, leider viel zu kurz.
 


Siegerehrung Südwestdeutscher Autocrossmeister bis 1800cm, Vizemeister bis 1400ccm, Vizemannschaftsmeister, 5ter Superfinale
Noch 14 Sunden bis zum Start, doch ich muss noch Richtung Belgien/Luxemburg zur Jahressiegerehrung, 270KM von Eppenhain entfernt. Dort angekommen geht es erst mal gar nicht los! 22.25 Uhr Die Siegerehrung beginnt. Um 1 Uhr nachts ist es vorbei. Die Luft war zum schneiden, aber ich habe 4 Titel abgesahnt, auch wenn einmal "nur der Vize dabei war. Dies musste der Moderator auch unbedingt noch mal erwähnen: "Beim letzen Rennen nicht angetreten".
 
Ich versuche auf der Rücksitzbank zu schlafen, was mir aber nicht so richtig gelingt. Noch 225 Km, die ersten 45 bin ich selbst gefahren. Mein Daddy fährt so schnell es geht nach Hause, so dass ich um 3:30 Uhr im Bettchen liege. Mein Bonus, es ist Zeitumstellung, also 2:30 Uhr.
 


28.10.2007 Frankfurt Marathon - Mein längstes Rennen -
 
Ich wache auf, bin nicht müde, fühle mich gut. Die folgenden Minuten daheim werden für mich zum Terror. Meine Mutter ist total aufgeregt. Warum weiss ich nicht? Sie läuft 5,8Km Staffel, ich den Marathon. Nicht andersherum! Ich werde auf Schritt und Tritt verfolgt und muss die nervigsten Fragen beantworten.
"Hast DU auch Tee getrunken? Wieviel Tee hast DU getrunken? Hast DU was gegessen? Wenn DU das ißt, dann ist das gut.  Hast Du dies, hast Du jenes?"

Vor lauter Aufregung fahren wir schon um kurz nach 8 Uhr los und sind viel zu früh dort. Ich ruhig, locker und konzentriert, bin nicht aufgeregt.
8:56 Uhr Messehalle Toilette (Gewichtsoptimierung) Jetzt! Ja mitten auf der Toilette merke ich beim Blick auf die Uhr, dass es wirklich ernst wird. Leicht ansteigender Puls macht sich bemerkbar. Jetzt bin ich aufgeregt.
Das ist das gute Gefühl, was man vor einem Stinksport-Rennen hat!
Jens, Uwe und Tom warten um 9:15 am Hintereingang. Beim Warmlaufen entdecke ich die Drei. Tom und Uwe mit etlichen Gels und Getränken bepackt, klären mit Jens wann und wo Sie Verpflegung reichen. Ich gebe neben den 4 Gels, die ich nicht gefordert habe, einen Getränkebeutel 0,2L ab. Uwe spendiert mir noch eine Banane,

 

denn irgendwie habe ich schon wieder Hunger (Typisch).

Danach folgt das Warmlaufen, das Umziehen, das Beine einreiben und die Kleiderabgabe. Noch 15 Minuten! Ich ziehe einen hübschen gelben Plastiksack an, damit mir nicht so kalt wird.
 
ASICS Startblock! Spitzensportler unter 2:59:59 so stand es in der Ausschreibung
Es wird eng, lautes Klatschen, 10, 9, 8,…2,1 PENG! Los!
 
Was ist ein Marathon?

42,195 Km vermutlich kann sich keiner diese Distanz zu Fuss vorstellen, wenn man diese 42.195 Meter selber noch nicht gerannt ist.
Thema Rennen: Der Frankfurt-Marathon ist kein Rennen, hier kommt es nicht darauf an welchen Platz man hat (ausser man verdient sein Geld damit), sondern das man(n) ankommt und das zu einer passablen Zeit.
 
Thema Zeit!
Mein Ansage beim ersten Marathon unter 3 Stunden zu laufen war wohl ganz schön "weit aus dem Fenster gelehnt".
Maßlosigkeit, so lautet eine der 7 Todsünden. Bei den letzen Treffen unter Läufern bemerke ich, dass mir das keiner so richtig zutraut. Was zwar keiner so richtig sagen möchte, aber jeder denkt es.
Wenn ich die Erfahrung meiner Kollegen gehabt hätte, ich hätte ähnlich reagiert!
Freunde und Bekannte, denken ich laufe da "halt mal so mit". Die denken sich bei der Zeitansage unter 180 Minuten nichts, sie können es nicht einschätzen.
 
Kilometer 1 Gedränge! Bei 4:22 min. den Kilometer passiere ich die erste grün markierte Kilometerlinie. Schneller ging es nicht, denn wir laufen in einem dicken Knäuel. Bestimmt 10 mal habe ich mich schon nach Jens umgeschaut. Sein Blick verrät mir, dass er meint ich laufe zu schnell an.
Bei Km 2 auf Km 3 überhole ich den Pacemaker 2:59 Stunden. Dieser ist klar sichtbar mit einem neongelben Shirt und einem großen mit Helium gefüllten Luftballon zu erkennen. Eine ganze Traube hat sich um ihn gebildet. Jens ist in Sichtweite hinter mir. Ich brauche auf den ersten Kilometern den Speed und muss Gas geben. Das weiss Jens und ich weiss, das er später richtig aufdrehen wird und erst langsam macht. Ich hänge mich an 2 Mädels, wovon eine bei Km 4 aufgibt! Beim Km 5 hat mich Jens eingeholt und ermahnt mich deutlich:
"Du bist zu schnell"
 
Das Feld ist noch eng zusammen. Bei Km 6,5 treffen ich meinen Daddy der uns mit Trillerpfeife und "Klatschhänden" anfeuert. Erneutes Treffen bei km 8 Höhe Start-Zielgerade. Ich zeige ihm an "alles locker".
So geht es weiter. Überall klatschen und jubeln die Menschenmassen. Trommler, Livemusik und Anlagensound motiviert die Läufer. Einfach super!
 
Kurz vor dem Frankfurter Hof fragt Jens wie ich mich fühle. Meine Meinung kann ich ihm nicht sagen. "Ich hab kein Bock mehr", warum weiss ich nicht? Schnauze voll!
 

Bei Km 10 verdrücke ich mein erstes Gel mit Getränken. Ich brauche lange, bis ich Iso und Tee getrunken habe. Die relativ langsame Getränkeaufnahme zieht sich bei jeder Station so weiter. Jedes Mal muss ich eine kleine Lücke zu Jens zulaufen.
 
Bei Km 11 riesengroße Freude, Hanni&Ralph stehen an der Strecke zum anfeuern! Der erste Besuch bei einem Rennen…
 
Nur 200 Meter weiter warten Tom und Uwe auf Jens, denn er lässt sich dort spezielles reichen. Wie geht’s, alles klar, was wollt ihr, ihr seht gut aus (wissen wir doch denke ich mir).
Mit lautem Klackern läuft Tom in Radlerschuhen neben mir her und hält mir Gels hin, ich verneine, habe ja gerade erst eines zu mir genommen.
Vor uns das Mädel von vorhin. Bei Km 12 Höhe Zeil sind wir neben Ihr. Jens nimmt sofort Kontakt auf. Anders als in der Disco wird hier nicht nach Kippen oder Namen gefragt. Der Name steht ja auf der Startnummer, also zählen andere Dinge.
 
Läuferanmache:
Jens:"Ey wie schnell läufst Du"
Läuferin: "Unter 3" usw….
 
Das Tempo ist angenehm, doch bei Km 14 reisst es ab. Wir sind schneller! Wir sind gut gelaunt! Wir machen Spässchen mit anderen Läufern! Wir liegen absolut im Soll!
 
Der Pacemaker nicht zu sehen, bzw. nicht in unmittelbarer Nähe. Was ich nicht verstanden habe ist, ob der die gesamte Distanz läuft? Denn dann hätten einige die Zielzeit nicht geschafft.
 
Jens entwickelt sich zu meinem Gaspedal. Komandos, wie zu schnell oder zu langsam, Zeitangaben in 4:03 min oder 4:17 min. kommen seit KM 5 automatisch. Trotzdem bremst er mich, ausser an den Getränkeständen…
 
"Die Frau von Km 16". Hier hat Jens einen Zaubertrank reserviert. Genau wie Jens es geplant hat, steht (s)eine Freundin parat und überreicht eine Flasche mit gelber Brühe. Bei Km 17 bietet mir Jens sein spezielles Magnesium angereichertes Spezialgesöff an. Ich muss es mir zweimal überlegen, doch dann probiere ich. Beim Öffnen spritze ich mir den ganzen Klebekram über die Finger und mein T-Shirt. Schmeckt trotzdem lecker.

Zwischen KM 17 auf Km 18, die Flasche ist gerade in die Wiese gefeuert worden schaut Jens aufmerksam zu mir rüber.
 
"René du hast ganz viel Salz im Gesicht". Lass dir von Uwe eine Salztablette geben. Aus Erzählungen von Jens, weiss ich, dass sein Kumpel, der vor wenigen Wochen in Köln Marathon gelaufen ist, auch total "versalzen" aussah und dann mächtig gelitten hat. Diese Gedanken schwirren mir jetzt durch den Kopf.
In die nächste Wassertruhe greife ich und wasche mein Gesicht. Ich fühle mich gut,

 

das Salz auf dem Gesicht, kein von mir bemerktes Anzeichen von Schwäche.

Wir machen den ersten Zwischensprint und schliessen eine größere Lücke.
In Goldstein sammelt uns Uwe wieder auf, der uns mit seinem Fahrrad und der GPS Uhr begleitet.


"Jungs ihr seht gut aus". Sofort werden ein paar Fotos geschossen.:

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Links: Wurst Jens = Flying Butcher Rechts: ICH

 

 

Wir haben gerade den Renaulthändler in Goldstein passiert, da fragt Uwe nach meinem Befinden. In einem kurzen Monolog erkläre ich Beiden, "was wir da gerade für einen Sch..ss machen, das es total der Schrott ist…" Dem Unmut Luft gemacht, albern wir bis zur Halbmarathonmarke herum. Der Pacemaker noch immer hinter uns.
 
Bei Km 20 habe ich vor lauter Uwe vergessen ein Gel aus meinem Shirt zu holen. Ich schnappe mir einen Tee und versuche einhändig das Gel herauszukramen. Bekomme aber nicht den Reissverschluss auf, und schütte 1/3 des Tees über mich. Wie löst man so ein Problem? Teebecher knicken und in den Mund stecken. Doch hier scheitern Theorie und Praxis. Rechts und links läuft der Tee übers Shirt, die

Hose und die Beine auf die Schuhe! Toll gemacht René!
Versuch Nummer 3 Becher total falten und komplett in den Mund nehmen, dann nach vorne beugen und Gel herausholen. Dann Gel öffnen, dann runter damit und dann den restlichen Minischluck Tee zum nachspülen. Alles klebt! Ich muss bis zum nächsten Wasserbottich warten.
 
Den singenden Black-Music Rasterman begrüßen wir feiernd. Es geht bergauf! Jens mosert kurz.
 
Was ich nicht geglaubt hätte: Carina & Marc! stehen wirklich an der Strecke und schauen überraschter auf mich, als ich Sie an. "Lauf René!" Es motiviert unheimlich… Cool denke ich mir.
 
Halbmarathonzwischenzeit: 21,1 Km
1:28:46, wir liegen im Soll, sogar einen kleinen Puffer haben wir jetzt, um unter 2:59:59 anzukommen.
Ich beginne im Kopf zu registrieren, dass wir schon die Hälfte geschafft haben. Noch weniger als 50%!
 
Km 23 Uwe befindet sich wieder direkt neben uns, feuert uns an. Erklärt, das wir jetzt über die Brücke "ordentlich rüberkommen" müssen Es geht jetzt bergauf auf die Schwanheimer Brücke. In English erkläre ich einem Teilnehmer, mehr im Spass, dass es nur noch 18 Km bis zum Ziel sind.
Uwe wird auf der Brücke lautstark von einem Straßenordnungshüter ermahnt.
"Keine Fahrräder….bla bla bla"
 
Wir geben Gas, denn das Feld hat sich jetzt deutlich gelichtet. Einige haben den Marathon zu schnell angegangen. Wir müssen 2 bis 3 mal Lücken zu Gruppen nach vorne zulaufen.
 
Ich bin jetzt auf Betriebstemperatur, erkläre Jens nach Km 25, das wir an den Getränkeständen langsamer machen müssen. Jens erwidert nur, dass er kein Tempo rausnehmen kann. Deswegen verliere ich bestimmt 15 Sekunden auf Jens zwischen Nied und Höchst an der Getränkestation. Wie soll das weitergehen? Solche Lücken kann ich nicht so schnell wieder zulaufen.
 
In Höchst bei Km 26 stehen Bekannte vom TUS Hornau und brüllen mich begeisternd an. Roland (ein verdammt erfahrener Läufer), so habe ich ihn noch nie erlebt, ist total begeistert am rufen und schreien. Für mich: "like oil on my soul"
 
Gernot ein Laufkollege hat zu uns aufgeschlossen. Er ist schon einige Marathons gelaufen. Er hat Erfahrung, mit guten und schlechten Marathonergebnissen, ist letztes Jahr in Frankfurt nicht unter 3 Stunden gelaufen.
Gernot = "alter Hase"
Gernot übernimmt in der Gruppe in der wir uns befinden mit mir das Tempo.
 
Km 28 Jens ist nicht neben mir, nicht wie davor zum überholen mal rechts oder links vorbei oder mal nach einer Lücke die es nach einem Getränkestand für mich zu

schliessen gab. Wo ist Jens?
 
Laut brülle ich seinen Namen: "Jens" drehe mich um, direkt hinter mir (Ok, denke ich mir). So geht das ganze Spielchen noch weitere 2 bis 3 mal.
 
Doch was dann zwischen Km 28 und 29 passiert kann ich nicht glauben. Jens kann das Tempo nicht mitgehen. Was jetzt im Kopf bei mir passiert ist kaum zu erklären.
 
Kopf: "Wie willst Du das schaffen? Das ist ohne Gaspedal-Jens, ja genau, den Wurst-Jens, den Flying Butcher nicht möglich.
Dem Jens ist der Schuh geplatzt. Du bist der Nächste."
 
Ich drehe mich noch einmal um, der Blick ins Gesicht sagt mir sofort, das Jens nicht mehr kann. Ein leerer Blick schaut mich an…


("Flying Butcher" mein Pacemaker 2007!)

 

 

Mein Oberschenkel zwickt! Meine Wade zwickt. Die Beine brennen. Uwe taucht wieder auf.
Ich brülle ihn an: "Hol Jens, ohne ihn schaffe ich das nicht"!


Uwe gibt mir eine Salzkapsel (noch nie probiert) mit Getränk, scheint etwas zu wirken.
 
Km 29 geht im Windschatten von Gernot spielend. Hier nehme ich erneut Ein Gel zu mir und habe viele Meter auf Gernot verloren. Marathon beginnt ab Km 30, so ein Quatsch denke ich mir.
Uwe taucht wieder auf. Ich frage ihn wo Jens bleibt. Doch bekomme nur ein enttäuschtes:

"nichts mehr zu machen" an den Kopf geschmissen.

 

Km 31: Wird vermutlich der unkonstanteste Km gewesen sein. Jens kann nicht mehr! Ich auch nicht!
Ich versuche weiter Gas zu geben, doch nach wenigen hundert Metern falle ich wieder in einen "Dümpel-Lauf" zurück, so geht das bis Km 32. Am Halli Galli denke ich mir nur: Feiern ja, ja das will ich. Die Freunde haben schon gesagt ich wäre ein "Langeweiler" geworden. Ohhh, was werde ich mit denen feiern gehen nächste Woche. Doch nur wenige Meter später will ich gar nicht mehr feiern. Die Beine schmerzen jetzt fürchterlich. Man reduziert sich während solch eines Laufes nur noch auf das Nötigste. Jetzt beginne ich Schmerzen zu spüren, die ich noch nicht kannte.
Zähne zusammenbeissen ist angesagt.

Dann Ecke Schmidtstraße steht Marijana, vermutlich mit der ganzen Familie, ich sehe nur sie. Sie ist verwundert mich zu sehen. Beginnt lautstark zu brüllen: "René gib Gas. Jawohl René! Lauf…."
 
Dieser Schub bringt mich bis in die Frankenallee, wo endlich Uwe wieder auftaucht. Er erklärt mir, dass Gernot kurz vor mir ist. Ich erkläre ihm, dass ich kein Rennen laufe, sondern Gernot vor mir ankommen kann:
"Nicht schlimm, nur unter 3"!
Uwe fährt zu Gernot und ist dann weg. Das ist der Stand bei Km 34. Dann geht es durch eine Schikane auf Km 35.
Ich trinke wieder "gemütlich" (für den Nichtläufer, das passierte hier alles im Lauftempo, da wird nicht angehalten oder spazieren gegangen) Tee und Cola, versorge mich mit einem Gel.
Auf der Mainzer ist absolute Hochstimmung angesagt. Genial!
 
Doch ich fühle mich absolut fertig. Jetzt ist Ende! Der rechte Oberschenkel schmerzt so sehr. Mir gehen folgende SMS nicht mehr aus dem Kopf:
SMS1 "…Oder stirbt die Nummer zwischen KM 33 bis 38?
SMS2 "…Mein Lieber – wirst Du sehen! Einfach beherzt durch. Tut so und so weh…
 
Schmerzen!?! Ich rede hier nicht von einem Stechen oder Brennen, wie wenn man gefallen ist, sich gestoßen oder sich verbrannt hat.
Ich rede von der
Hölle! Die Beine jetzt die Definition von Schmerz!
Der körperliche Schmerz ist nicht so schlimm, der psychische Schmerz, dass ist das was jetzt weh tut.
 
Def. Schmerz:
"Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- oder Gefühlserlebnis, das mit tatsächlicher oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder von betroffenen Personen so beschrieben wird, als wäre eine solche Gewebeschädigung die Ursache."

Höhe Alte Oper sammelt mich Uwe wieder auf. Ab jetzt geht es nur noch:
So-und-so viel KM in so-und-so viel Minuten. Das bei km 36, 37, 88, 39 und 40
 

Zwischendurch gibt’s noch mal Trinken und Zeitansagen. Uwe und seine GPS Uhr, ein starkes Team. Er ist am ständigen ablesen. Ich frage alle 500 Meter: "Wie schnell?"
 
Textauszug Uwe:
 
            4:40 min. ok, aber du musst schneller werden
            4:30 min, ok
            4:22 min, ok
            4:35 min, du musst schneller werden
            4:40 min, jetzt musst du schneller werden, sonst wird das nichts
 
An der Liveband Dredner Bank vorbei, die singen gerade "Is it so hard to satisfy your senses,...like the way i do..." von Melissa Etheridge
Man klammert sich jetzt an jedes motivierende Etwas. Der rechte Oberschenkel jetzt kurz vor dem platzen.
 
Ich beginne die Zeiten zu überschlagen. 3:01! Ohh nein! Meine Einstellung ist jetzt etwas derber:
 "Soll ich mir dafür wochenlang den Ar..h aufgerissen haben, um dann nach 3 Stunden ins Ziel zukommen".
Erneutes Zeiten überschlagen, keine Chance! Schmerzen, platt, Feierabend, Schmerzen…usw.
 
Bei KM 39 schlucke ich ein Gel auf Ex herunter! Nochmal nachtrinken.
 
Uwe ist die letzten Male bei Fragen deutlich stiller geworden. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob er die Situation richtig einschätzt. Ich glaube er ist selber am rechnen.
Dann die Ansage von Km 39 auf Km 40.
 
Uwe: "Du kannst das jetzt schaffen, wenn Du noch mal Gas gibst!"
 
Ständig überhole ich andere Läufer, die humpeln, hinken, die absolut am Ende sind. Leute die mich vorher überholt haben, Leute die ich noch nicht gesehen habe, die viel weiter vorne waren. Auf einmal sehe ich den 2:59 Pacemaker klatschend an der Strecke stehen? Hmm? Warum läuft der denn nicht mehr?
 
Zitat Zusammenbruch:
"So ein Zusammenbruch ist meist das Ergebnis von einem Berg von Problemen, die sich derart aufgestapelt haben, dass man körperlich und seelisch nicht mehr standhält und eben zusammenbricht."
 
"Ich sitze auf dem Zaun!" geht mir durch den Kopf, entweder aufgeben oder "drüberhüpfen". Genau das ist die Entscheidung die ich jetzt treffen muss.


 
Km 40: Wie ein wilder beginnt der Mann hinter mir zu sprinten! Ich kann das Tempo

nicht mitgehen. Bei Km 41 ist Uwe für mich nicht mehr sichtbar. Es geht an Menschenmassen hinter Gittern vorbei. Die Stimmung treibt einen an. Das sind über 100% die ich abrufen muss.
Es geht, es läuft, ich biege auf die Startgerade ein. Überhole den "Sprinter in seinem rot-weissen T-Shirt . Die Zielzeit ist mir jetzt egal, ich will nur noch ankommen.
Es werden mehr die ich überhole. Am Präsidium vorbei. Hier spielen sich Dramen ab. So wenige Meter vor dem Ziel, so viele Läufer, die nicht mehr können!


ICH beim Zähne zusammenbeissen und überholen

 

 

ich sehe René und Bille: Totale Anfeuerung, winkend, hüpfend und fotographierend. Das Qualgefühl ist plötzlich weg. René kann es kaum glauben. Knippst wild drauf los. Die Beiden geben mir einen Mega-Schub.
 
Ich erkenne eine Uhr!
 
Verdammt gutes Gefühl. Ich biege hinter dem Messeturm ab in einen engen Gang wo alle Menschen mir zujubeln. Während der gesamten Strecke haben fremde meinen Namen gerufen, ich habe mit Kid´s abgeklatscht. Die Stimmung ist super.
 
Der größte Moment! Ist gekommen und mit Worten nicht zu beschreiben. Was jetzt im Kopf abgeht ist genial.

Bruttozeit 2:58:40 ich betrete die Halle, brüllende Zuschauer, laute Musik und eine Lautsprecher-Stimme empfängt die Läufer persönlich. "2 Gänge runtergeschaltet" Meine letzten Meter. Ich gehe! Ich werde noch von 2 oder 3 Personen überholt. Total unwichtig.
 
Die Uhr springt um auf die Bruttozeit 2:59:08, das sind meine Meter! Ganz tief einatmen. Ein kleiner Sprung über die Ziellinie! Unter 3 Stunden! Unter 180 Minuten.
 
Startnummer 2716 René Freisberg

Unbeschreiblich, der brutale Wahnsinn. Wirklich nicht in Worte zu fassen, man muss es gemacht haben. Mein erster Marathon, ich bin im Ziel!
 


2:58:40 min, das ist meine Zeit! Platz 441 von über 11.000 Startern! 4:13min. ist der Kilometerschnitt


 
Ich gehe nicht weiter Richtung Ausgang wie die anderen Läufer, sondern drehe mich um und warte. Der Blick geht sofort zur Uhr. Schafft es Jens? Er ist schnell auf den letzten Kilometern, das weiss ich von seinem Halbmarathon in Neu-Isenburg. 40 Sekunden, dann ist die magische Grenze verstrichen.
 
Wann kommt Jens? Ich habe relativ schnell realisiert, das ich im Ziel bin, er nicht (logisch), ich es aber ohne seine Hilfe nicht geschafft hätte.

Die Minuten die eben so schnell verstrichen sind, ticken jetzt gefühlt doppelt oder dreifach so langsam.

Die Uhr springt um auf 3:00:00 und rattert weiter, aber es sind lange Minuten. Was sich hier für Dramen um Läufer abspielen ist ebenfalls unbeschreiblich. Völlig vollgesabberte und bekotze Läufer taumeln ins Ziel. Wo bleibt Jens?
Manche haben 2 rote Punkte mit langen Strichen nach unten auf der Brust. Die "Nippel" sind aufgescheuert und ausgeblutet! Ein Läufer kommt blutüberströmt ins Ziel, er ist gefallen und hat eine Platzwunde.

Viele haben einen Tunnelblick, taumeln nur noch.

Neben mir bricht ein Läufer bei 3:07min. zusammen. Sofort wird er auf eine Trage gelegt. Immer mehr "Opfer" kommen ins Ziel. Wo bleibt Jens? Ist er ausgestiegen und ich warte umsonst?
3:11:xx endlich, Jens kommt mit einer Nettozeit von 3:10:30 (sein zweitschnellster Marathon)
 

Video-Link...


Mein erster Gedanke mich bei ihm zu bedanken. Er ist stehend KO! Es piepst die Zeit ist gespeichert und er bleibt sofort 1cm hinter der Linie stehen. Ein Krampf hat ihn kurz vor der Festhalle noch mal gestoppt, sofort hat Uwe geholfen diesen zu lösen.

Ich versuche ein paar Worte herauszubringen, mit den Ordnungshelfern habe ich mich bereits unterhalten, nach Zeiten gefragt und rumgeblödelt.
Doch jetzt fehlen mir die Worte. Schweissperlen laufen aus den Augen (es ist noch immer sehr heiss) und vor unendlicher Dankbarkeit gibt’s für Jens eine Umarmung. Ich bin mit meinem Kräften am Ende.
 
Langsam geht es nach draussen. Medallie abholen, Plastiktüten umhängen was trinken… Treppen Laufen (autsch das tut weg, das tut richtig weh).
 
Am Treffpunkt sind unsere Spotter und Supporter Tom und Uwe. Wirklich einen genialen Job habt ihr da erledigt! Respekt, dazu gehört ein großes Sportlerherz!


"Cui honorem, honorem"


Geistig völlig erschöpft und voller Schmerzen gibt’s hier auch noch mal eine dicke Dankesumarmung für Uwe (mir ist noch immer sehr heiss).


(Mein unter 3 Stunden DreamTeam: Alfa-Uwe, GPS-Uhr, Wurst Jens & ICH)

 

Alles was danach kommt ist für mich 'Any Given Sunday'-Abwicklung. Rückgabe des Transponders, säubern, packen…. Ok die Massage gibt’s sonst nicht, dafür ist die auch bitter notwendig.
Abends jammere ich meiner Mum die Ohren voll, Massage ist wieder angesagt. Ein Pochen in beiden Beinen von unglaublichen Schmerzen. Von René erhalte ich eine Warnung, dass der Montag und der Dienstag noch schlimmer werden.

Es ist nicht schlimmer geworden, aber aussteigen aus einem Sportwagen oder die Redewendung "sich aufs Klo hocken" bekommen eine völlig neue Bedeutung. Hinhocken tut weh aber aufstehen WOW! Zeitlupenartige Bewegen beschreiben diesen Montag.
 
Fazit: Rücktritt vom Marathonsport, aber eines habe ich gelernt:

Geht nicht, gibt’s nicht!

 


Jeder kann laufen, egal ob schnell oder langsam. Ausreden wie: "Ich hab doch keine Zeit", das ist definitiv tabu. Was übrigens nicht nur aufs Laufen bezogen ist.
 

 


"Der Rest ist Kopfsache!"


 René Freisberg


Vielen Dank an
 
Meine Eltern
Christian K. vom P&G Running Team
Jens "Flying Butcher"
Uwe "GPS-Power"
Frank "Ironfrank"
René&Bille "Motivations-Team"
Tom
Mika
Passtschon98
Dr. Heimer

made by René ®, im Okt. 2007