Ein denkwürdiger Tag war es wohl für viele von uns, dieser 1
Juli 2007, an dem zum 6. Mal der Ironman in unserer Heimat Frankfurt ausgetragen werden
sollte.
Denkwürdig sicher für die beiden Sieganwärter und selbst erklärten Favoriten auf den
Gesamtsieg Faris Al Sultan und Norman Stadler, die beide Weltmeister waren. Doch meistens
kommt es anders als man denkt. So ist das oft beim Ironman. Der eine konnte nicht so
richtig weil ihn das Zipperlein im Rücken plagte und der andere wollte wohl nicht mehr so
richtig als es an das Laufen ging und er bereits hinter den beiden Top Läufern und
Shootingstars Michael Göhner und Timo Bracht zurück lag. Diese sollten dann auch das
Rennen unter sich ausmachen, das wohl als das schnellste Rennen mit den optimalsten
Bedingungen in die Renngeschichte von Frankfurt eingehen wird. Am Ende trennten
Michael Göhner nur 2 Minuten vom Sieg, den sich Timo Bracht nach seinem
letztjährigen zweiten Platz nicht mehr nehmen ließ. Den anderen blieb da nur die
Statistenrolle.
Ebenso Denkwürdig und noch spannender ging es bei den Damen zu. Niemals gab
es einen so knappen Zieleinlauf in einem Damenrennen bei einem Ironman Weltweit. Nach
beherztem Sprint 400 m vor dem Ziel durch Andrea Brede und noch beherzterem Konter durch
Nicole Leder konnte sich diese am Ende hauchdünn mit 5 Sekunden Vorsprung ins Ziel
und somit knapp vorbei an den Armen ihres Mannes Lothar werfen. Sauber gemacht
Nicole. Chapeau ! Hätte ich besser nicht hingekriegt ;-)
Denkwürdig auch für Herrn Denk, der eigens nach Italien reiste um für gutes Wetter zu
beten wo er das doch viel einfacher hätte haben können.
Ein kurzer Anruf beim Wettergott in Darmstadt hätte doch genügt ;-)
Das er dem selben bei der guten Nachricht vom guten Wetter am Sonntag bei der
Wettkampfbesprechung am Freitag um den Hals gefallen ist, blieb den meisten verborgen, die
diese Prognose natürlich wie immer schon am Montag bekommen hatten.
Auch wenn wir Gewitter noch nicht genau vorhersagen können, so ist doch meist
verlass auf die Daten die da aus dem nahen Darmstadt kommen. Die Zuschauer wirds
gefreut haben, so sie doch keine Schirme brauchten. Die Athleten hat´s durchweg
begeistert und zu Höchstleistungen angespornt. Was soll man auch besseres tun bei dem
schönen Wetter als schwimmen, radeln und laufen.
Für manch einen unsere Rooky´s im PSV Blau-Gelb Frankfurt (so schreiben wir uns richtig)
und bei Passtschon98 (meinem geliebten Lauftreff), war es sicher auch ein denkwürdiger
Tag den sie nicht so schnell vergessen werden, viele strahlende Gesichter im Athlets
garden und die gratis gelieferten Erlebnisse vom Tag zeugten von einem Erfolgreichen und
guten Tag, der den meisten sicher noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Ich kann hier
gar nicht alle aufzählen, aber ich möchte an dieser Stelle allen zum Finish und zur
tollen Leistung gratulieren. You are an Ironman wie die Amis einem immer
wieder gebetsmühlenartig an den Kopf werfen.
Schier unglaublich und mehr als denkwürdig fand ich allerdings die Leistung eine verloren
geglaubten Sohnes, der letztes Jahr zu uns in den PSV zurückgekehrt ist und maßgeblich
am Aufstieg in die Regionalliga beteiligt war, bevor ihn das Schicksal mit seiner vollen
Härte traf. Bei Alex Nikolopoulos wurde im September 2006 ein bösartiger Tumor
diagnostiziert, der umgehend operiert werden musste. Die darauf folgende monatelange
Tortur der Chemotherapie ertrug er mit dem für ihn typischen Galgenhumor. Das er aus
dieser Krise aber wie ein Phönix aus der Asche aufsteigen würde hatten wohl am wenigsten
seine Ärzte erwartet und seine Freund nur ansatzweise gehofft. Alex hat sich nicht nur im
Vorfeld schon stark für die Kinderkrebshilfe eingesetzt um auch anderen zu helfen und ein
Vorbild zu sein, er hat auch seine persönliche Bestzeit auf der Langdistanz um sage und
schreibe 36 Minuten verbessert und einen der schnellsten Radsplits dieses Tages gefahren,
wobei ich alle Profis mit einbeziehe. Ich sach nur schneller als wie Loddar.
Das das automatisch auch die lang ersehnte Qualli für Hawaii war die er im letzten
Jahr nur um 46 Sekunden verpasste ist das Sahnehäubchen oben drauf gewesen.Herzlichen
Glückwunsch und meinen allergrößten Respekt dafür Alex ! (C.U. in Kona at the
finishline)
Nun, zu guter letzt war da noch 2 , die das erklärte Ziel hatten nach Hawaii zu fliegen
um an der WM teilzunehmen. Der eine war schon da, der andere möchte gerne mal hin und hat
mit dem letztjährigen Slot schon mal an den Hawaii Tickets geschnuppert und wohl Appetit
bekommen. Christian Müller war an diesem Tag wohl für keinen von uns zu schlagen.
Er Schwamm so gut wie man es ihm zutraute (1:01 h), fuhr unerwartet stark Rad (4:50 h) und
legte am Ende noch einen sensationellen Marathon hin (3:17 h) , der selbst mir als
gutem Marathonläufer Respekt abtrotzt. Ich wünsche dir mein lieber Christian einen
schönen Aufenthalt auf Hawaii und sehe dich an der Ziellinie in Kona. Ich werde dort ein
Bier für dich bereit halten, so wie du es in Frankfurt für mich getan hast ;-)
Somit ist auch klar wer an diesem denkwürdigen Tag das dritte Hawaii Ticket
löste. Mir selbst ist es zum 3. mal gelungen und zum Zweiten mal vergönnt die Qualli zu
schaffen und nach Hawaii zu fliegen. Was im Vorfeld so selbstverständlich für einige
klang sollte schon wenige Minuten nach dem Schwimmstart in Langen Makulatur sein.
Dazu muss ich etwas ausholen. Ausnahmsweise war ich dieses mal frühzeitig am See , da ich
den Pendelbus vom Römer genommen hatte. Nachdem ich mein Rad weitestgehend vorbereitet
hatte und meinen Kleiderbeutel abgegeben hatte musste ich feststellen, das nicht
ausreichend Dixiklos für die Bedürfnisse von ca. 2400 Startern vorhanden waren. Die
Schlangen waren lang und das Papier knapp, Wie so oft. Also anstellen und warten. Als ich
dann 12 Minuten vor dem Start endlich in einen solchen blauen Sarg schlüpfte war ich
schon reichlich nervös, da schon zum wiederholten mal zum Start gerufen wurde und ich
immer noch keinen Neo anhatte. Als ich um 6:50 Uhr wieder rauskam war die Wechselzone wie
leergefegt. Kein Neo an, 400m zu laufen und ca. 200m zu schwimmen. Könnte eng werden
dachte ich. Also in Windeseile den Neo übergestülpt, der natürlich wie immer in solchen
Momenten so gar nicht passen wollte. Kaum über die Schultern gezogen kam dann auch schon
eine Helferin um mich eilends aus der Wechselzone zu zerren und mir freundlicherweise auch
noch den Reisverschluss zu zu machen. So ziemlich als letzte ins Wasser gesprungen schwamm
ich dann endlich 2 Minuten vor dem Start an der Startlinie rum. Einschwimmen
ausgefallen.
Schwimmen: Peng, der Startschuss und alles hetzt los. Prügeln und treten so gut ein jeder
nur kann. Aber was ist das. Beim Rechts atmen sehe ich eine Menge schwarzer Gestalten am
Ufer entlangrennen. Irgendwie haben da wohl einge gedacht das ist ein Duathlon und rennen
die ersten 300 m parallel zu uns am Ufer entlang. Fair sieht anders aus.
Das gleiche Spiel wiederholt sich auf der anderen Seeseite an einer Sandbank. Komme mir
vor wie im Marsch der Pinguiene als ich die so hintereinander über den Sand
rennen sehe.
Das war dann wohl so der Zeitpunkt als ich einem vor mir schwimmenden Athleten sehr nahe
an die Füsse kam, so das mir sein Zeitmesschip quasi ins Auge sprang. Zeitmesschip. Da
war doch was. Ach du Sch
der Chip, verdammte Hacke, den zieh ich normalerweise
erst nach dem Neo an, da der dann besser übers Bein geht. Nur dieses mal kam mir leider
die freundliche Dame dazwischen. Der Chip lag noch im blauen Beutel, wo ich ihn extra am
Vortag reingetan hatte um ihn nicht zu vergessen. Panik macht sich breit. Warum ausgerecht
mir mit der langjährigen Routine. Das kann doch nicht wahr sein. So, Wettkampf gelaufen.
Erst mal überlegen wie du aus der Nummer wieder raus kommst. Konzentration auf das
Schwimmen, Fehlanzeige !
Plan A: ich flitze raus und hol den Chip um ihn dann zurück zum Schwimmausstieg zu tragen
und über die Matte zu ziehen. Kostet zu viel Zeit. Fast 2x400 m zu laufen.
Plan B: Ich halte beim Landgang an und informiere irgendeinen der vielen Freunde die ich
vor dem Start gesehen habe über die Situation und lasse mir den Chip an den
Schwimmausstieg bringen. Viel besser. Kostet höchstens 30 Sekunden.
Gesagt getan. Als ich am Ausstieg ankomme sehe ich nur eine Masse von Menschen die
schreien und gestikulieren. Ich gehe langsam an ihnen vorbei um ein bekanntes Gesicht zu
finden. Fehlanzeige. Bis zum Wasser und wieder zurück. Verdammt, das gibts doch
nicht. Kein Kampfrichter oder Helfer weit und breit. Ich brülle also irgend eine
Wildfremde mit meiner Startnummer an und versuche ihr zu erklären was passiert ist und
das ich diesen Chip so schnell wie möglich am Schwimmziel brauche. Keine Zeit mehr, muss
weiter. Inzwischen sind genau 39 Minuten vergangen. Geht eigentlich noch, für die
Katastrophe. Die 2 Runde schwimme ich relativ entspannt Druck hätte ich eigentlich genug
auf dem Paddel, alleine es fehlte an der Konzentration und Motivation.
Als ich nach 1:06:30 aus dem 19 °c kalten See steige is weit und breit kein Helfer
mit dem Chip zu sehen. Das gibts doch gar nicht.
Plan C: Kampfrichter ansprechen. Die einzigen die dich jetzt noch vor ner
Disqualifikation retten können sind deine Kollegen dachte ich mir. Gott sei dank stehen
auch 2 davon rum, so das ich 2 mal kurz hintereinander meine Leidensgeschichte runter bete
bis diese mich mit dem Spruch entlassen Wir kümmern uns drum Gott sei Dank.
Jetzt aber Volldampf. Ich hetze an mein Rad, schlüpfe schnell aus dem Neo und finde
tatsächlich meinen Chip mit dem Klettband in dem blauen Beute. 3 Kreuze geschlagen das
Ding dran gemacht und nix wie los aufs Rad. 8:10 Uhr. Jetzt beginnt für mich erst das
Rennen.
Radstrecke: Die Motivation und der Adrenalinspiegel sind nun so hoch, das die Kurbel
nur so fliegt.Knapp 25 Minuten bis zum Römer, wo die erste Runde startet. Die 84 Km
vergehen wie im Flug. Berge werden zu Hügeln und der Tacho fällt nur selten unter 35
Km/h. Schon nach 2:15 h bin ich wieder am Römer. Über 36 Km/h Schnitt. Wahnsinn.
Hoffentlich geht das gut. Geplant waren 35 Km/h max. In der 2. Runde wirds dann
etwas zäher, da sowohl der Wind zunimmt, als auch die nachfolgenden Fahrer in immer
größeren Gruppen zu einem aufschließen, so das man sich unversehens im Windschatten
wieder findet und sich dem kaum noch entziehen kann , wo es richtig eng wird. Zeitstrafen
sind da von Glück und Pech abhängig geworden.
Als ich vom Rad springe zeigt die Uhr 5:01:15. Fas den 36 Schnitt gehalten, was für
mich persönliche Bestzeit bedeutet. Super schneller Wechsel in 48 Sekunden, der jedem
Profi zur Ehre gereicht und ab gehts mit dem Turbo auf die Laufstrecke, meine
Lieblingsdisziplin. Es ist jetzt 13:13 Uhr. 6h 13 Minuten seit dem Startschuss vergangen.
Das Laufen: ich laufe sehr locker an den ersten Athleten vorbei, die jetzt noch in der
gleichen Runde sind, was sich später vermischen soll. Vom Gefühl her so 4:10 pro
Km denke ich.
Bei Km 2 zeigt die Uhr aber 7:38 Ups, 3:49 Schnitt. Bisschen schnell
vielleicht. Versuche runter zu drehen und noch ruhiger zu laufen. 4:00, 3:56,
3:55, 3:50, 4:01 ,es reißt einen einfach mit und man kann sich nicht
entziehen. Hier is die Hölle los und jeder 3. brüllt deinen Namen und das du noch gut
aussiehst. Fühle mich auch so. Als hätte es die 180 Radkilometer nie gegeben. Da ganze
geht so weiter bis zum Ende der ersten Runde bei Km 10,5 wo die Uhr 41 Minuten zeigt.
Wahnsinn ! So langsam schaffe ich es mich bei meinem geplanten Renntempo von 4:15-4:20
einzupendeln und dieses auch konstant bis zum Halbmarathon nach der 2. Runde zu halten.
Die Zeit von 1:25:30 h ist vielversprechend, da die schnellste die ich je in einem
IM gelaufen bin.
Die 3. Rund wird zwar etwas langsamer, aber nicht merklich. Immer noch Km unter 4:30
bedeuten doch nach wie vor eine Zeit unter 3:10 h . So der Plan. Der Support durch Uwe und
Martina hat schon beim Radeln geklappt und ist auch beim laufen perfekt. Ein ganz wichtige
Baustein für den Erfolg an diesem denkwürdigen Tag
Aber wie aus heiterem Himmel erwischt ich am Anfang der letzten Runde der muskuläre
Knockout. Schlagartig verkrampft die hintere Oberschenkelmuskulatur in beiden Beinen und
an schnelles Laufen ist nich mehr zu denken. Die Kilometer fallen um 45-50 Sekunden und
das Ganze wird zur Qual. Immer wieder muss ich stehen bleiben um zu dehnen und werde von
Leuten überholt, die ich lange vorher schon überholt hatte und die auch auf ihrer
letzten Runde sind. Alex, der bereits in Sichtweite war entfernt sich langsam wieder von
mir. Als mir der gute Bastian mit seinem Megafon auf der letzten Brücke auch noch einen
freundschaftlichen Klaps auf den Hintern gibt, bewirkt er genau das Gegenteil der gut
gemeinten Aufmunterung. Ich bekomme den letzten Krampf des Tages und muss erneut anhalten.
Den letzten Berg runter schleichen, um keinen weiteren Krampf zu riskieren und sich
langsam auf den Zieleinlauf zu freuen.
Kaum ist das Ziel in Sicht und der letzte Km erreicht sind die Krämpfe wie weggeblasen
und der Schritt wird wieder länger und federnder. Alles nur die Psyche denke ich und so
langsam entkrapft sich das zur Faust geballte Gesicht auch wieder, was einem sehr
viel positives Feedback der Zuschauer engegen bringt, die jubelnd links und rechts am
Zielkanal stehen. Kurz davor sehe ich noch eine meiner besten Freunde Rolf mit seiner
Kamera, worüber ich mich besonders gefreut habe. Aber die Krönung kommt im
Zieleinlauf. MeinSohn hat schon auf mich gewartet. Ich nehme ihn an der Hand und gemeinsam
laufen wir unter dem Jubel der Tausenden die letzten 200 m auf dem roten Teppich durchs
Ziel, wo ich ihn erst mal in die Arme genommen habe (das ganze live im Fernsehen, Einfach
Geil). Da bekommst du pure Gänsehaut und weißt für einen kurzen Moment genau für was
du dich 7 Monat und einenTag lang gequält hast. Die Familie und Alexandra stehen komplett
angetreten im Zielraum um zu gratulieren und mich in die Arme zu nehmen.und meine gute
Moni hat mir gleich mein geliebtes Hefeweizen gereicht das glaube ich nie besser
geschmeckt hat wie in diesem Moment. Danke auch dafür. So geht ein denkwürdiger
Tag im Whirpool des Athlets Garden langsam für mich zu Ende.
Die Endzeit von 9:22 Stunden bedeutete auch für mich noch mal eine Verbesserung um über
16 Minuten und eine direkte Qualifikation für Hawaii mit Platz 12. in meiner AK und 94 .
Gesamt. Kona 2007 kann kommen. Es war zwar geplant , aber wie am Anfang gesagt, manchmal
kommt es anders und meistens als man denkt. Ein bisschen Glück gehört halt auch immer
dazu, ebenso wie gute Freunde.
In diesem Sinne,
Hang loose.
See you at the finish line in Kona
Mahalo nui loa (Vielen Dank auf Hawaiianisch) allen die mich unterstützt
haben,
speziell unserem Bernd von Stenger-bike.de, meinem Arbeitgeber Telespazio Deutschland
GmbH, meinem Supporti Uwe Jahn, meiner Familie und meiner Freundin Alex.
made by Frank ®, im Juli 2007