Passtschon 98: Der nette Nicht-Verein

Hofheim. Es passt einfach alles in dieser Laufgruppe der etwas anderen Art: Bei "Passtschon 98" kommen unterschiedliche Typen zusammen: Ausdauerfreaks mit dem Hang zum Extremen, aber auch ganz "normale" Hobbyläufer, die lieber in Gruppen unterwegs sind. Auch klassische Individualisten, die der einsame Kampf gegen die Uhr und sich selbst hervorbringt und fördert, finden hier ein Zuhause. Ihre Verbindungspunkte sind die Begeisterung für den Sport, den geselligen Teil danach sowie ein gewisser Non-Konformismus.

"Wir sind ein Nicht-Verein", betont Gunter Scheurich, einer der beiden Gründer des Lauftreffs. Satzungen und Vorstandsämter sind ihm ein Greul, der Kontakt in der Gruppe wird durch den regelmäßigen Lauftreff an der Viehweide donnerstags von 18.30 Uhr an und durch das Internet sichergestellt. Über die Homepage "www.passtschon 98.de" lassen sich mit einem Klick alle Mitglieder erreichen, aber nur unter ihren Vornamen. Richtige Läufer sind untereinander "per Du" – und das nicht erst ab dem ersten Marathon.

Angefangen hat alles 1997 beim Frankfurter Marathon, als Scheurich einen Kumpel in der Bolongarostraße und auf der Alten Brücke anfeuerte und ihn "ein Kribbeln" befiel. Nach ersten "wahllosen" Versuchen beim Volkslauf in Schwanheim im darauf folgenden Jahr gründete der heute 38-Jährige mit dem fünf Jahre älteren Achim Lorenz am 10. Juli den Lauftreff – der daher bald sein "Fünfjähriges" feiern kann. Scheurich läuft den Marathon mittlerweile in 3:07 Stunden. Was im Kleinen begann, ist zu einer Bewegung geworden. 80 Leute im Alter von 35 bis 40 Jahren gehören mittlerweile zum "Passtschon"-Team. Dazu zählen sich Lauffreunde aus der Schweiz, aus den Niederlanden und auch aus einigen benachbarter Bundesländer.

So wie Melanie Ginder, die aus dem Siegerland in die Rhein-Main-Region zog, denken offenbar viele: "Ich wollte es mit einem Lauf-Treff probieren, und das hier hat sich gut angehört", sagt sie über "eine nette Truppe". Zu dieser passe auch der intern verwendete Beiname "runtime error team", deren Mitglieder so schnell liefen, dass ein Defekt der Zeitnahme vorliegen müsse und die ihre Energie nicht zuletzt aus den Kohlenhydraten und dem "Stück Lebensfreude" (so Stefan Weber) des Biergenusses nach dem Sport zögen. "Powered by Weizenbier" lautet eine weitere Selbstcharakterisierung, von der man sich donnerstags gegen 20.30 Uhr in der Viehweide überzeugen kann. Es würde sich nach Aussagen einiger Läufer anbieten, wenn der noch nicht gefundene Sponsor eine Brauerei wäre.

Dass man mit solchen "Stärkungsmitteln" sportlich große Sprünge machen kann, beweisen die steigenden Ansprüche an die eigene sportliche Leistungs- und Leidensfähigkeit. Nach erfolgreichem Marathon geht der Trend des harten Kerns der Gruppe zum Triathlon. Mit Frank Wiegand, Detlef Peuthert und Marko Strott gibt es schon drei "Eisenmänner". Immer wieder kommt der Hang zum Extremen durch: Marko Strotts Vater Jürgen lief seinen ersten Marathon im Alter von 61 Jahren, Doris Freise suchte sich für ihre ersten 42 Kilometer ausgerechnet den bergigen Zermatt-Marathon aus. Das "I-Tüpfelchen" aber setzte Petra Tuerlings: Vor zwei Jahren lief sie noch unter ihrem Mädchennamen Barth beim Sahara-Klassiker "Marathon des Sables" gute 243 Kilometer weit durch Marokko und Algerien.

Die Heimatverbundenheit haben die "Passtschon"-Läufer auch ohne festen Vereins-Sitz . Beim Regionalpark-Lauf am Wochenende und beim Kreisstadt-Lauf – wo sie regelmäßig mit rund 40 Teilnehmern die größte Gruppe stellen – werden sie mit voller Mannschaftsstärke an den Start gehen. Ganz nach dem bewährten Motto "locker und ohne Zwang" – und dafür mit umso mehr Spaß und Weizenbier. (als)